Als Igelpflegestelle des Tierschutzvereins Weil am Rhein, möchte ich zum Thema Igel und Mähgeräte (Rasenmäher, Balkenmäher, Fadenmäher, Rasentrimmer, Mähroboter, Motorsensen)
die Geschichte von Lucky & Co. erzählen.
Eine Igelmama hatte im Frühsommer ihr Nest im hohen Gras gebaut um dort ihre Jungen zur Welt zu bringen. 3 Wochen lang war alles in Ordnung und die Kleinen entwickelten sich prächtig. Doch eines Mittags kam ratternd ein Balkenmäher auf das Nest zugefahren. Die Mama rannte panisch aus dem Nest, was der Betreiber des Mähers sah, aber die Tragödie noch nicht ahnte. Plötzlich sah er 3 Igelbabies, eines war unverletzt, eines hatte eine lange offene Wunde über dem Rücken und das dritte hatte es leider nicht geschafft.
Die Angst war groß, Jemandem von dem Mähunglück zu erzählen und man hoffte, dass die Mama die Kleinen holt, was aber leider nicht geschah.
Nach 20 Stunden wurde doch noch Jemand ins Vertrauen gezogen. Diese Frau hat sofort gehandelt und mir die beiden Igelbabies gebracht, was den beiden das Leben gerettet hat. Verletzung führen sehr schnell zu Madenbefall und unbehandelt ist dies der sichere Tod des Igels.
Die beiden Findelkinder wurden Lucky der Glückliche und Püppi getauft. Die Kleinen waren ca. 3 Wochen alt, brauchten also noch Muttermilch.
Lucky's Wunde wurde
erstversorgt, Püppi war unversehrt und die Beiden bekamen erst mal Fencheltee.
Danach ging es ab zum Tierarzt.
Die Tierärztin wollte den kleinen Lucky nach diesem Stress nicht in Narkose legen um die Wunde zu tackern, also gab sie mir ein spezielles Desinfektionsmittel und eine Salbe mit, die ich 2x täglich auftragen sollte.
Als ich wieder zu Hause war, versorgte ich die Beiden mit Ersatzmilch und kontaktierte die Überbringerin.
Ich hatte ein Video aufgenommen, als Lucky nach seiner Mama gerufen hatte. Ziel war es, die Laute aus dem Video zu verwenden um die Mutter anzulocken.
Ausgerüstet mit dem Video und Futter, welches am Fundort bereitgestellt wurde, legte sich die Überbringerin bei Dämmerung auf die Lauer und spielte immer und immer wieder das Video ab, auf dem die Laute zu hören waren. Tatsächlich kam nach einer Stunde ein Igel angerannt, der wurde eingesammelt und zu mir gebracht. Es stellte sich heraus, dass es tatsächlich eine Igeldame war. Sie hatte stark vergrößerte Zitzen, war also frisch Mama geworden. Es sprach Vieles dafür, dass sie die Mama von Lucky und Püppi war. Sie hatte auf den Ruf im Video reagiert und war eine säugende Igelmama. Aber sicher konnte ich nicht sein.
Ob sie Lucky mit seiner Verletzung annimmt, das war die Frage. Sie bekam den Namen Frieda und wurde in das Innengehege zu den Jungen gesetzt. Ich beobachtete was passierte.
Mama Frieda ging ohne zu Zögern auf Lucky zu, schnappte ihn im Genick und wollte ihn in Sicherheit bringen.
Da sie aber das Innengehege und die Schlafbox, die als Unterschlupf dienen sollte, noch nicht kannte und Alles sehr stressig für sie war, trug sie ihn ein paar Runden im Innengehege herum, bis sie dann mit ihm in der Schlafbox verschwand.
Püppi piepste, mit ihrem zarten Stimmchen nach ihrer Mama, die aber versorgte erst mal Lucky. So lege ich Püppi direkt vor den Eingang der Schlafbox und Püppi ging zügig rein.
Als ich nach 5 Minuten vorsichtig nachschaute was in der Schlafbox passiert, säugte Mama Frieda die beiden Kleinen.
Die Überbringerin musste aber das Nest im Freien weiter beobachten um sicher zu stellen, dass wir nicht eine andere Mutter eingesammelt hatten, obwohl alles dafürsprach, dass Frieda die Richtige war.
2 Tage später bekam ich einen Anruf, dass ein Stück entfernt vom Fundort der Beiden ein Igelbaby piepsend bei einem Holzstapel herumlief.
Ich riet erst mal 2 Stunden zu beobachten, ob noch mehr Babies da sind oder eine Mama auftaucht. Als nichts dergleichen passierte, brachte sie mir das Kleine, was Laila getauft wurde.
Ich setzte es zu Frieda, die es kurz beschnupperte und sich dann auf die Seite legte, damit es säugen konnte. Der Holzstapel wurde genau untersucht und noch ein paar Tage beobachtet, aber es war nichts mehr zu entdecken.
Die Vermutung liegt nahe, dass Frieda bei der Flucht ein Junges in Sicherheit gebracht hatte. Warum sie dann aber in den 20 Stunden nicht nochmal zum Nest zurück ging, werden wir nie erfahren. Aus Angst, Stress…?
Frieda versorgte die 3 Kleinen wunderbar, die Wunde von Lucky verheilte innerhalb 10 Tagen ohne Komplikationen und war nach 3 Wochen kaum noch sichtbar.
Zwischenzeitlich kam noch ein Igelbaby von einer anderen Fundstelle zu mir, welches ich zu Frieda setzte. Sie beschnupperte den Neuankömmling ausgiebig, nahm ihn zum Glück an und versorgte ihn von da an liebevoll mit.
Frieda hatte die kleinen steht’s im Auge.
Nach 4 Wochen durfte die Patchworkfamilie zurück, wurde aber erst über ein Außengehege langsam wieder eingewöhnt, bevor die Freiheit auf sie wartete.
Diese Geschichte erzähle ich zur Aufklärung und um für Wachsamkeit bei Mäh-und Gartenarbeiten zu werben.
Denn damit können viele Gartenunfälle mit Wildtieren vermieden werden.
Ich pflege bereits seit 12 Jahren Igel und habe festgestellt, dass es aus Unwissenheit zu verletzten Igeln kommt.
Aus diesem Grund habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, in Gesprächen aufzuklären, um zu verhindern dass es überhaupt erst zu Pflegefällen kommt.
Leider hatte ich dieses Jahr bereits 3 Igel, die von einem Rasenroboter verletzt wurden und aufgrund der schweren Verletzungen erlöst werden mussten.
Der Igel ist ein Wildtier und braucht alle 4 Beine um überleben zu können.
Ein igelgerechter Garten hat wilde Ecken, bietet Unterschlupf- und Versteckmöglichkeiten, eine Ecke mit liegengelassenem Laub, Gras- oder Pflanzenschnitt, in dem sich viele Insekten tummeln und so Nahrung für den Igel bedeuten.
In einem igelgerechten Garten braucht es kein Gift, er ist abwechslungsreich gestaltet und regeneriert sich meist von selbst. Ansonsten gibt es auch Möglichkeiten, die Pflanzungen mit
Schachtelhalm- oder Brennnesseljauche zu stärken.
Effektive Mikroorganismen,
Algenkalk, was übrigens auch gut bei Befall durch den Buchsbaumzünsler hilft.
Vieles kann auch mit homöopathischen Mitteln behandelt werden. Hierzu gibt es gute Literatur und ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass es mit etwas Geduld funktioniert und die Pflanzen es mit Üppigkeit danken.
Aufmerksames Handeln bei Mäh- und Gartenarbeit und das möglichst ohne Rasenroboter (
https://fb.watch/5YjmZF9Rki/) sorgen für gesunde, unverletzte Igel. Oft wird in diesem Zusammenhang empfohlen, den Roboter tagsüber laufen zu lassen, wobei hier auch Vorsicht geboten ist, denn Igelbabies sind ab einem gewissen Alter auch mal gerne tagsüber unterwegs und erkunden ausserhalb des Nestes die Umgebung.
Steinwüsten mit unterlegtem Flies sind ein absolutes NoGo für Natur- und Tierliebhaber!
Ein richtig angelegter Steingarten hingegen ist ein absoluter Hingucker. Er bringt ein Stück Bergnatur in den Garten und bieten Lebensraum für Pflanzen, Vögel, Kleintiere und Insekten.
Trotz aller Bemühungen um einen igelgerechten Garten, ist es für Igel leider inzwischen aufgrund des massiven Insektenrückgangs schwierig geworden, ausreichend Nahrung zu finden.
Dankbar wird Zufütterung angenommen und sorgt auch nicht dafür, dass der Igel die natürliche Futtersuche einstellt.
Für die Zufütterung eignet sich ein hochwertiges Katzenfutter ohne Getreide mit hohem Fleischanteil und auch ab und zu abgekochtes Rinderhackfleisch oder Hähnchenfleisch mit ungewürztem Rührei untergemischt.
(Vorsicht bei Hähnchenhackfleisch, das ist meist gewürzt!)
ACHTUNG: Auch spezielles Igeltrockenfutter ist absolut ungeeignet, da es zu viel Getreide enthält!!!)
Mein Wunsch ist es, dass Tieren, Insekten und Pflanzen wieder mehr Aufmerksamkeit und Lebensraum im Rahmen der Möglichkeiten jedes Einzelnen geschenkt wird.
Bei Fragen könnt ihr mich unter 015902367841 kontaktieren.